Sagen aus München
 

Der Teufelstritt im Liebfrauendom

Wenn man durch das Hauptportal den Dom betritt, sieht man auf dem Fußboden in einer der Steinplatten einen Fußabdruck. Dieser soll, so berichtet die Sage, vom Teufel stammen:

Der Baumeister des Doms, Jörg von Halspach, auch Ganghofer genannt, hatte, bevor er sein schweres Werk begann, mit dem Höllenfürsten einen Pakt geschlossen. Damit dieser ihm beim Bau behilflich ist, musste Meister Jörg ihm dafür versprechen, das Gotteshaus ohne Fenster zu errichten. Andernfalls würde er seine Seele an den Teufel verlieren.

Der schlaue Teufel glaubte nämlich, dass kein Mensch in ein Gotteshaus ohne Fenster zum Beten gehen würde. Fleißig unterstützte er den Bau, schuftete und plagte sich nach Kräften. Seinen Freund, den Wind, holte er auch zu Hilfe.

Als der Bau endlich fertig war, beobachtete der Höllenfürst erstaunt und verärgert, dass viele Menschen zum Beten in die Kirche strömten. Wütend rannte er zu Meister Jörg und forderte dessen Seele. Der aber entgegnete ihm pfiffig: "Komm mit und überzeuge dich selbst: Die Kirche hat keine Fenster!" Er führte den Teufel zu einer Stelle in der Nähe des Eingangs, weiter durfte der Höllenfürst nicht, da die Kirche schon geweiht war, und fragte scheinheilig: "Nun schau, ob du irgendein Fenster siehst." Der Teufel rechte seinen dünnen Hals so weit er nur konnte, aber kein Fenster war zu entdecken. Denn auch dasjenige, das man heute von dieser Stelle aus sehen kann, war von den Aufbauten des Hochalters völlig verdeckt.

Da stampfte der Teufel vor Wut so fest auf, dass sich der Tritt in den Stein eindrückte und fuhr zur Hölle zurück. Vor lauter Aufregung vergaß er, dem Wind Bescheid zu sagen, und so saust dieser bis heute noch um die Kirche herum.

Der Turmaffe im Alten Hof

Der Alte Hof ist die ehemalige Residenz der bayerischen Herzöge.  Vor über 700 Jahren ist dort Kaiser Ludwig der Bayer zur Welt gekommen. Aus seinen frühen Kindertagen erzählt man sich folgende Geschichte:

Der Vater von Ludwig besaß ein zahmes Äffchen, das in der ganzen Burg frei herumlaufen durfte. Es war bei den Bewohnern der Burg sehr beliebt, denn es erfreute alle mit seinen komischen Späße. So hatte das Äffchen auch oft zugesehen, wie die Amme den kleinen Ludwig auf dem Arm hielt und hin- und herschaukelte. Als die Amme einmal für kurze Zeit das Zimmer verließ, hob der Affe das Baby aus einem Bettchen, warf es ein wenig in die Luft und fing es wieder auf, geradeso wie er es bei der Amme gesehen hatte. Als diese ins Zimmer zurückkam und sah, was das Äffchen mit dem Baby anstellte, schrie sie vor Entsetzen. Darüber erschrak nun wieder der Affe so sehr, dass er das Kind ganz fest an sich drückte und davonraste, die Amme und andere Bedienstete hinterher. Die wilde Jagd ging durch die ganze Burg bis hinauf af den Dachboden. Dort war unglücklicherweise eine Dachluke offen. Durch diese schlüpfte der Affe mit dem Baby hindurch und kletterte in seiner Angst auf die Turmspitze. Dort saß er nun zittern und umklammerte das Baby.
Jetzt liefen alle in den Hof, holten Decken und Kissen und breiteten sie auf dem Boden unter dem Turm aus. Auch der Herzog und die Herzogin standen schreckensbleich dabei. Weil nun alle vor lauter Angst ganz still geworden waren, beruhigte sich das Äffchen wieder. Nach einer Weile schlüpfte es durch die Dachluke zurück ins Haus und legte den kleinen Prinzen wieder in sein Bettchen. Da lachten und weinten alle vor Freude.

Das oben und unten spitze Türmchen, auf das sich der Affe geflüchtet hatte und das wie ein Schwalbennest an der südlichen Mauer hängt, heißt bis heute das "Affentürmchen".

Die Turmspitze des Alten Peter

Der Alte Peter ist Münchens älteste Kirche. Sie stand schon 100 Jahre auf dem Petersberg, als München im Jahr 1158 gegründet wurde. Wenn man die oberste Turmspitze genau betrachtet, bemerkt man, dass sie klein bisschen schief ist. Damit hat es folgende Bewandtnis:

Wie jeder weiß, hegt der Teufe einen tiefen Groll gegen jede Kirche. Als im Jahr 1607 der Blitz einschlug und den Turm vom Alten Peter zerstörte, war der Höllenfürst außer sich vor Freude. Welche Wut packte ihn aber, als die Münchner einen neuen Turm bauten, mit einer Galerie umgeben, von der zu bestimmten Zeiten auch noch fromme Lieder erklangen. So machte er sich eines Nachts mit einigen Unterteufeln auf den Weg zur Peterskirche, hängte sich mit ihnen zusammen an die Spitze des Turmes und versuchte, sie durch Rütteln und Schütteln abzureißen. Er hatte aber nicht dem tapferen Turmwächter Heinz gerechnet, der durch den höllischen Lärm aufgewacht war. Er sprang aus dem bett, riss ein großes Holzkreuz von der Wand und stürzte damit hinaus auf die Galerie. Mit aller Kraft schlug er auf die Teufel ein, bis nach und nach alle Teufel losließen. Nur der Oberteufel wollte nicht weichen. Aber Heinz kämpfte tapfer weiter, obwohl der Sturm, ein Bundesgenosse des Teufels, ihn um ein Haar von der Galerie gerissen hätte. Endlich, der gute Heinz war schon völlig erschöpft, schlug es ein Uhr. Da war der Höllentanz mit einem Schlag zu Ende.

Am nächsten Morgen lief Heinz gleich zum Stadtrat und erzählte von seinem aufregenden nächtlichen Erlebnis. Aber niemand wollte ihm Glauben schenken. Doch gottlob ging kurze Zeit später der Bürgermeister über den Marienplatz und schaute hinauf zum Turm, um die Uhrzeit abzulesen. Da bemerkte er zu seiner großen Überraschung, dass die Turmspitze tatsächlich ein kleines bisschen schief ist. Nun wusste er, dass Heinz die Wahrheit gesagt hatte, und er ließ die Heldentat des tapferen Mannes in der ganzen Stadt verbreiten.